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Die Methode der Selbstfinanzierung

In den letzten Jahren habe ich viele Projekte erlebt, in denen versucht wurde, dem Geld von Investoren hinterher zu jagen. Keines dieser Projekte war erfolgreich. Es wurde viel Geld verbraten und viele Monate umsonst gearbeitet. Das lag an folgenden Umständen:

  • Es wurden Dinge entwickelt, die niemand gebrauchen konnte.
  • Die Projekte waren viel zu aufwändig und konnten von den Projektteilnehmern nicht gestemmt werden.
  • Die Leute, die etwas Geld investierten, hatten plötzlich Mitspracherecht im Projekt und haben durch ihre Erwartungen das Projekt in Richtungen gedrängt, die technisch unsinnig waren.
  • Die Projekte wurden in vorauseilendem Gehorsam so angepasst, dass die Investoren gewogen gestimmt werden sollten.
  • Technische Schwierigkeiten wurden von allen verdrängt.

In den letzten Jahren hat sich nur der Online-Shop der H-CoTec UG erfolgreich gezeigt, der von uns gegründet wurde. Hier wurde die Methode der Selbstfinanzierung angewendet. Die Methode der Selbstfinanzierung wurde in diesem Fall so realisiert, dass für einen geringen Geldbetrag Waren eingekauft wurden. Die Waren wurden dann mit einem Gewinn weiter verkauft, so dass etwas mehr Geld auf dem Konto dies Online-Shops war. Der Arbeitsaufwand für den Betrieb des Online-Shops wurde hier gründlich ermittelt und mit in den Verkaufspreis eingerechnet. Der Verkaufserlös wurde wieder verwendet, um Waren einzukaufen, die wiederum mit Gewinn verkauft wurden. Dadurch begann der Online-Shop exponentiell zu wachsen und er tut dies bis heute. Um zu zeigen, was exponentielles Wachstum bedeutet, möchte ich ein Beispiel berechnen:

Angenommen, es soll eine Produktionsfirma für kleine Handtuchhalter aus Kunststoff aufgebaut werden. Der erste Schritt besteht darin, einen Handtuchhalter aus Wachs zu schnitzen, und ihn dann mit Silikon abzuformen. So können die Handtuchhalter über das Gießen mit Gießharz leicht vervielfältigt werden. Angenommen ein Handtuchhalter kostet in der Herstellung 50 Cent. Verkauft wird er für 1 Euro. Das Startkapital, dass zu Verfügung steht beträgt 10 Euro. Es können also 20 Handtuchhalter hergestellt werden. Diese werden für 20 Euro verkauft.

Mit diesem Geld können nun 40 Handtuchhalter hergestellt werden, die dann für 40 Euro verkauft werden. Die Zahlen entwickeln sich, wie in der Tabelle beschrieben exponentiell:

selbstfinanzierung

Angenommen, man produziert jede Woche eine neue Charge Handtuchhalter, so hat man in acht Wochen das Startkapital von 10 Euro auf 2560 Euro exponentiell vermehrt. Diese Rechnung zeigt eines: Geld, ist nicht das Problem. Das Problem besteht darin, dass die Kundschaft die Handtuchhalter benötigt und diese auch findet. Deshalb ist nicht der Weg zur Bank am wichtigsten. Am wichtigsten ist, dass das Produkt funktioniert und dass es bekannt wird. Das bedeutet, dass der Auftritt im Internet gut aussieht, Flyer gedruckt werden und Kontakt zu Vertriebsfirmen aufgebaut wird. Des weiteren soll nach Möglichkeit die Produktion der Waren selbst durchgeführt werden, weil nur so ein regelmäßiges Einkommen schnell realisiert werden kann.

Das SMWA gibt Stundensatzempfehlungen heraus

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat Stundensatzempfehlungen für Ingenierusdienstleistungen für die Straßenbauverwaltung herausgegeben. Das berichtet die Ingenieurkammer Sachsen im deutschen Ingenieurblatt in der Ausgabe vom April 2016 . Darin werden folgende Stundensätze für Ingenierusdienstleistungen empfohlen:

  • 83 €/h für Diplomingenieure, Bautechniker und Vermessungstechniker
  • 53 €/hfür Bauzeichner und sonstige Mitarbeiter

Im Zuge dessen möchte ich alle freiberuflichen Ingenieure dazu aufrufen, Dumping-Hororare zu boykottieren und den Lebensunterhalt notfalls über das Arbeitslosengeld zu finanzieren. Ich selbst praktiziere dies konsequent, um dem Honorardumping entgegen zu wirken.

Ich möchte hier noch auf einen älteren Artikel hinweisen, in dem ich auf die folgen von Honorardumping eingehe.

Honorar für Ingenieure

Hintergrund
Vor einigen Tagen hatte ich die Frage bezüglich der Höhe des Honorars von einem jungen Ingenieur, der gerade dabei ist, ein Ingenieurbüro zu gründen. Viele Ingenieure wissen nicht, dass das Honorar für Ingenieure gesetzlich geregelt ist, um Dumpingpreise zu verhindern. Die sächsische Ingenieurkammer hat hierzu einen schönen Artikel in ihrer in der Septemberausgabe 2010 der Zeitschrift „Sachsen. Land der Ingenieure“ veröffentlicht. Aus einer Statistik, die dort veröffentlicht ist geht hervor, dass sich das durchschnittliche Honorar für Ingenieurbüros bei ca 60€/h bewegt. Dabei fällt auf, dass die Gruppe der Einzelunternehmer mit 37€/h besonders niedrig bezahlt wird. Ich persönlich vermute, dass die Gruppe der Einzelunternehmer wenig Projekte parallel bearbeiten kann und deshalb nur schwer schlecht bezahlte Aufträge abschlagen kann.

Interessant ist auch noch ein Faltblatt der Architektenkammer Berlin aus dem Jahr 2012

Bezahlung nach jeder Projektphase
Ein Auftrag oder ein Projekt untergliedert sich nach HOAI in folgende Projektphasen:

  1. Grundlagenermittlung
  2. Vorplanung, Planungsvorbereitung
  3. Entwurfsplanung, System- und Integrationsplanung
  4. Genehmigungsplanung
  5. Ausführungsplanung
  6. Vorbereitung der Vergabe
  7. Mitwirkung bei der Vergabe
  8. Objektüberwachung und Bauüberwachung
  9. Objektbetreuung, Dokumentation

Alle diese Projektphasen müssen gleich nach Abschluss der einzelnen Projektphasen vom Auftraggeber bezahlt werden. Ich rate jedem Ingenieur davon ab, sich erst nach Ende des gesamten Projekts, sprich Phase 9 bezahlen zu lassen. Das führt dazu, dass es während der Auftragsausführung selbst am Essen im Kühlschrank mangelt.

Eine kurze Schätzung
Meiner Erfahrung nach arbeitet ein freiberuflicher Ingenieur ca 20 .. 30 h/Woche direkt an Kundenaufträgen. Der Rest der Zeit ist notwendig für den Unterhalt des eigenen Ingenieurbüros, inklusive Organisation, Buchhaltung, Erholungstage, Weiterbildung, Netzwerkpflege und der Pflege der eigenen Ressourcen.

Angenommen, ein Ingenieur benötigt Einnahmen in Höhe von 2500 €/Monat für den Unterhalt seines Ingenieurbüros. Angenommen, er arbeitet 40 h/Woche, davon ca 20 .. 30 h/Woche konkret für Kundenaufträge. Der Ingenieur aus dem Beispiel müsste ein Stundenhonorar von 20,83 .. 31,25 €/h verlangen, damit er gerade so überleben kann. Dabei darf kein unvorhergesehenes Ereignis wie eine längere Krankheit oder irgendein Fehler vorkommen. Ein Ingenieur, der dieses scheinbare Mindesthonorar verlangt, lebt auf Kosten seiner Zukunft, ohne dass er es zum jetzigen Zeitpunkt merkt. Erst wenn ein Ingenieur ein höheres Honorar verlangt, kann er Rücklagen für außergewöhnliche Belastungen und für das Rentenalter bilden. Ich kenne Ingenieure, die im Rentenalter noch arbeiten müssen, oder die sich nicht einmal eine ordentliche zahnärztliche Behandlung leisten können, weil sie ihr ganzes Berufsleben lang keine Rücklagen zur Seite legen konnten. Diese Ingenieure dienen mir immer als warnendes Beispiel.

Meiner Erfahrung nach benötigt ein Ingenieur für den Unterhalt seines Ingenieurbüros mindestens 3200 € /Monat (Stand 21.04.2013). Das Bedeutet bei einer Wochenarbeitszeit von 20 .. 30 h/Woche ein Mindesthonorar von 26,60 .. 40,00 €/h. Mit diesem Honorar kann ein Ingenieur dann von der Hand in den Mund leben, wenn er für seine Arbeit lebt und nicht irgendwelche „Freizeitaktivitäten“ vor hat wie, z.B. irgendwann einmal eine Familie mit Frau und Kind zu gründen. Auch reicht dieses Honorar nicht, um eine längere Auftragsflaute überstehen zu können. Auch muss dieser Ingenieur sich in der Steuererklärung so arm rechnen, dass er kaum Einkommensteuer bezahlt.

Wird eine Einkommensteuer von ca 20 % angenommen, so ist ein monatliches Honorar von ca. 3840 €/Monat notwendig. Das Bedeutet bei einer Wochenarbeitszeit von 20 .. 30 h/Woche ein Honorar von 32 .. 48 €/h.

Meiner Erfahrung nach ist ein Honorar von ca. 55 €/h ein Honorar, von dem man bescheiden und dennoch gut leben kann. (Stand 21.04.2013)  Zu beachten ist hierbei, dass bei einer jährlichen Inflation  von 3% das Honorar jedes Jahr mit dem Faktor 1,03 multipliziert werden muss. Das Honorar muss von Jahr zu Jahr steigen:
55.00 €/h; 56,65 €/h; 58,35 €/h; 60,10 €/h; 61,92 €/h; 63,76 €/h; 65,67 €/h; 67,64 €/h; 69,67 €/h; 71,76 €/h.

Kosten für den Betrieb eines Ingenieurbüros

  • Wohnung
  • Strom
  • Wasser
  • Essen
  • Kleidung
  • Alltagsgegenstände wie Möbel, Haushaltsgeräte etc.
  • Berufshaftpflichtversicherung
  • Berufsunfähigkeitsversicherung
  • Krankenversicherung, Krankenzusatzversicherung
  • Rentenversicherung
  • Hausratversicherung
  • Telefonkosten Mobiltelefon
  • Internetanschluss
  • Webseite
  • Kosten für Messen und Tagungen
  • Abschreibung für Computer, Messgeräte, Werkzeuge, Arbeitsmaterialien
  • Fahrkosten für die Erledigung von Aufträgen
  • Fahrtkosten für die Netzwerkpflege
  • Fahrzeugkosten
  • Reisekosten
  • Fachliteratur
  • Kammerbeiträge
  • Vereinsbeiträge
  • Spenden
  • Buchhaltung
  • Steuerberater
  • Bürodienstleistungen
  • Vorfinanzierung neuer Projekte
  • Ausbügeln von Fehlern
  • Fehlinvestitionen
  • Krankentage, Urlaubstage
  • Rücklagen für unvorhersehbare Ereignisse
  • Rundfunkzwangsbeitrag (GEZ) soweit nicht durch Boykott abwendbar


Dumpingpreise boykottieren

Ingenieure müssen Aufträge boykottieren, die mit einem nicht ausreichenden Honorar bezahlt werden. Ich kannte Ingenieure, die ihr Honorar aus Angst bis ins bodenlose herunter drücken ließen, nur weil ein Geldgeber mit seiner Krawatte und seinem Anzug damit gedroht hat, dass es nun mal keine anderen Aufträge gibt. Diesen Ingenieuren möchte ich gerne eine eine andere Bedrohung nennen, damit sie, wenn nicht durch Mut, wenigstens durch Angst ein angemessenes Honorar verlangen.  Wenn die Schulden bei der Bank steigen, wird die Bank auf jeden Fall bedrohlicher als irgendein Auftraggeber. Das merkt man dann, wenn man etwas zu Essen kaufen möchte und das Konto gesperrt ist. Hunger zu leiden, ist eine sehr interessante Erfahrung. Wenn man sich aus Geldmangel keinen Arztbesuch leisten kann, kann ein Kranker Körper auch sehr bedrohlich wirken. Ein Zahn, der dringend eine Wurzelfüllung braucht, aber nur mit Zement provisorisch geflickt ist und stinkt, wenn er fault, ist auch eine sehr interessante Erfahrung.

Wenn die HOAI von politischer Seite her ausgehöhlt wird, wie zum Beispiel durch die Abschaffung des Zeithonorars, muss der Boykott von unterbezahlten Aufträgen durch die Ingenieure als tragfähige Säule für angemessene Honorare wachsen. Man kann nicht verlangen, das jeder Ingenieur mutig ist, aber die Angst vor schleichender Armut sollte als Triebfeder genügen.